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© Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
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Entwicklung eines Demenzkonzepts
Haltungsänderung bewirken
Vermeidung von Delir

Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg – gesamthausweites Demenzkonzept

Assessment- bzw. Screeningmaßnahmen
Implementierung eines Demenzkonzeptes
Umgebungsgestaltung und Architektur
Schulungen, Fortbildungen usw.
Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
Gesamtes Krankenhaus
Veröffentlicht am
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Etablierung eines gesamthausweiten Demenzkonzeptes im Akutkrankenhaus

Zielsetzung

Ziel des Projekts war die Etablierung eines Demenzkonzeptes für das Gesamthaus, welches im Kern ein transparentes und standardisiertes Vorgehen sowie die erforderliche Sicherheit der Mitarbeitenden im Umgang mit demenzkranken Patientinnen und Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung beinhaltet.

Die Ziele:

  • Krankheitsbilder Demenz und Delir (er-)kennen und ein Bewusstsein für diese Erkrankungen bei allen Mitarbeitenden schaffen

  • Früherkennung von kognitiven Defiziten und Risikopatientinnen und -patienten mit Erkennung der notwendigen Einleitung von Prophylaxen (zusätzlicher visueller Hinweis für Mitarbeitende, die nicht direkt am Patientenbett arbeiten)

  • (Re-)Orientierung fördern und Desorientierung vermeiden

  • interdisziplinäre Maßnahmen in allen Fachbereichen anwenden mit dem Fokus auf nicht-medikamentöse Maßnahmen

  • Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes vermeiden und reduzieren

  • Mitarbeitende entlasten und Sicherheit im Umgang mit Betroffenen erlangen

  • Blickwinkel wechseln und Sichtweisen ändern, sich auf alternative Möglichkeiten einlassen und neue Wege testen 

  • neue Routinen schaffen, um Sicherheit und das Wohl von kognitiv eingeschränkten Menschen zu erhöhen


Sensibilisierung der Mitarbeitenden zum Thema Patientinnen und Patienten mit Demenz und/oder Delir

Projektbeschreibung

Das Projekt „demenzsensibles Krankenhaus“ ist dem Gesamthaus angegliedert, da geriatrische Patientinnen und Patienten mit und ohne Demenz, sowie mit Delirrisiko in allen Fachbereichen aufgenommen werden. Auf den Stationen der Alterstraumatologie, der Geriatrie und der Stroke Unit konnten, aufgrund besonders motivierter Mitarbeitenden, bislang die erfolgreichsten Umsetzungen des Konzeptes festgestellt werden.

Durch die zentrale Demenz- und Delirbeauftragte, eine freigestellte Pflegefachkraft mit Zercur Geriatrie Fachweiterbildung, gibt es eine feste Ansprechpartnerin für alle Berufsgruppen und Fachbereiche. Die 50-Prozent Stelle wird über das Pflegebudget refinanziert. Theresa Jobst ist immer dienstags und donnerstags erreichbar um konsiliarische Patientenbetreuung durchzuführen, Informationen und Wissen weiterzugeben und das Konzept weiter zu entwickeln. Die rund 80 dezentralen Demenz- und Delirbeauftragten sind interdisziplinär in allen Fachbereichen benannt und dienen der Weitergabe von Informationen und Wissen, sowie der aktiven Umsetzung des Konzeptes am Patientenbett. Durch regelmäßige Fortbildungen und Austauschtreffen wird das Wissen erweitert, Fallbesprechungen durchgeführt und neue Ideen gesammelt, sowie evaluiert. Im Fokus stehen die nicht-medikamentösen Maßnahmen, ein wertschätzender Umgang mit den Patienten und eine aktive Miteinbindung von Angehörigen. Nähere Informationen dazu finden Sie unter:

https://www.barmherzige-regensburg.de/patienten-besucher/ganzheitliche-unterstuetzung/demenz-und-delir.html

Nach zahlreichen Kontaktaufnahmen mit anderen Krankenhäusern und der IST-Analyse unseres Krankenhauses stand fest, dass es viele Mitarbeitende benötigt, um in einem großen Akutkrankenhaus ein Umdenken zu erzielen. Die kognitiv eingeschränkten Patientinnen und Patienten müssen per Screening und visuellen Hinweisen frühzeitig kenntlich gemacht werden. Die Festlegung eines geeigneten kognitiven Screenings, welches mit wenig zeitlichem Aufwand verbunden ist, wurde nach Literaturrecherchen und Meinungsbefragungen der zukünftigen Durchführenden getätigt. Kommen Patientinnen und Patienten mit ≥ 70 Jahren in die Notaufnahme und bleiben stationär, so führt der zuständige Arzt die 4 Fragen des AMT-Screenings durch. Bei positivem Screening erhalten die Patientinnen und Patienten einen grünen Punkt auf das Patientenarmband als visuellen Hinweis für alle Mitarbeitenden. Somit erhalten auch Kolleginnen und Kollegen ohne Zugang zu patientenrelevanten medizinischen Informationen, aber häufigem Patientenkontakt, eine Information über kognitive Einschränkungen. Gemeint sind dabei z. B. die Personen, welche die Essensabfrage tätigen oder als Fahrdienst arbeiten. Ein weiterer wichtiger Meilenstein zu Beginn des Projektes war die Benennung von dezentralen Demenz- und Delirbeauftragten, ähnlich den Hygiene- und Brandschutzbeauftragten. Dabei ist der häufige, regelmäßige Austausch im Fokus. Nach Werbemaßnahmen, Kontaktaufnahme und Einladungen haben sich aus allen Bereichen und Berufsgruppen Mitarbeitende gemeldet, die sich für das Thema interessieren und bereit sind, neue Ideen und Möglichkeiten am Patientenbett anzuwenden, anderen Kollegen ihr Wissen weitergeben und zu evaluieren.

Weitere Personen, die vermehrt eingestellt und im Demenzkonzept verstärkt mit eingebunden wurden, sind z. B. Ehrenamtliche. Die Anzahl an Mitarbeitenden bei Sitzwachen für die nächtliche Betreuung von Patienten mit Delir oder Demenz wurde erweitert und eine Stelle als zentrale Demenz- und Delirbeauftragte wurde von der Geschäftsführung genehmigt. Schwerpunkte der Argumentation waren dabei die Senkung der Sturzzahlen und die Reduktion von Komplikationen mit damit verbundenen längeren Krankenhausaufenthalten sowie die Steigerung der Mitarbeitenden- und Patientenzufriedenheit.

Besonders wichtig war der Projektgruppe die Aufklärung über das Krankheitsbild. Es wurden zahlreiche spezifische Schulungen und ein Jahresprogramm mit abwechslungsreichen Fortbildungen erstellt und durchgeführt. 

Als weiterer wichtiger Punkt wurden Förderungsmittel beantragt, um Orientierungshilfen und Beschäftigungsmaterialien zu erhalten. Der krankenhauseigene Förderverein war bereit, zahlreiche Aktivierungsmaterialien, Eliboxen® und weiteres Orientierungsmaterial wie z. B. Uhren und Kalender mitzufinanzieren. Ein wichtiger Punkt für die koordinierende Projektgruppe war, dass die Bereiche und Berufsgruppen sich die Materialien selbst aussuchen und sich Gedanken dazu machen konnten. Somit wurde sichergestellt, dass diese im jeweiligen Bereich als sinnvoll erachtet und auch von den Mitarbeitenden benutzt werden. Zahlreiche Spiele, Bücher, Radios und Bastelsachen wurden auf den Stationen etabliert.

Das gesamthausweite Demenzkonzept wurde als verbindliche Dienstanweisung für alle Mitarbeitenden im allen zugänglichen Dokumentenmanager roxtra zur Verfügung gestellt, gemeinsam mit den dazugehörigen Screenings und Leitlinien für z. B. medikamentöse Empfehlungen, um sich eigenständig Wissen aneignen zu können. Zur Einbindung und Aufklärung von Angehörigen wurde ein Flyer zum Thema Delir gedruckt.

Die Koordinierung, Festlegung und Evaluierung wird durch das Projektteam durchgeführt, welches sich in regelmäßigen Abständen trifft. Dieses besteht aus Geriatern, Neurologen, Pflegeentwicklung und weiteren Gästen. Die zu Beginn monatlichen Treffen des Projektteams in der Phase der Erstellung eines Demenzkonzeptes wurden inzwischen zur Evaluierung und Aufrechterhaltung der Thematik auf einen vierteljährlichen Turnus geändert. Nach wie vor ist allen bewusst, dass das Thema Demenz und Delir immer wieder in den Fokus der Mitarbeitenden gerückt werden muss und es ein kontinuierliches Projekt darstellt.

Zentrale Aufgaben

Nachhaken, Blickwinkel wechseln, dranbleiben

Veränderungen sind zu Beginn meist nicht willkommen. Zu viel auf einmal bringt Unsicherheit, Unzufriedenheit und Angst. Deshalb ist es besser, Prozesse detailliert zu betrachten, zahlreiche Lösungsvorschläge und Ideen zu sammeln und betroffene Mitarbeitende aktiv bei Entscheidungen miteinzubeziehen. Floskeln wie „Das ist im Krankenhaus nicht möglich und das war schon immer so“ sollten - wenn möglich - außen vor gelassen werden. 

Die korrekten Fragen sollten sein: 

  • Was ist wichtig? 

  • Was ist unser gemeinsames Ziel? 

  • Wie können wir dieses erreichen? 

Es hat sich bewährt in kleinen Schritten voranzukommen, statt große Veränderungen sofort herbeiführen zu wollen - auch um Frustration zu vermeiden. 

Ein wichtiger Antrieb für Veränderung sollte auch sein, dass ein besseres Verständnis für die betroffenen Patientinnen und Patienten die Arbeitszufriedenheit steigert.

Ressourcen richtig nutzen

Der Bedarf an mehr Personal ist natürlich nach wie vor ein großes Thema bei der Betreuung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und alle Mitarbeitenden haben zahlreiche Aufgaben und Pflichten bei der täglichen Arbeit. Deshalb müssen Aufgaben gerecht verteilt sein und pflichtbewusst getätigt werden. Ein Miteinander aller Berufsgruppen ist dabei essentiell. Auch eine positive Rückmeldung und kleine Erfolge, welche kommuniziert werden, sind wichtig.

Umsetzungsschritte

Projekt-Fahrplan
  • Projektgenehmigung durch die Geschäftsführung Anfang 2021 - 1. Sitzung im März 2021. 

  • 9 Monate mit 2 wöchentlichen Treffen à 1 Stunde geplant

  • Leitung des Projektes: Prof. Dr. Hoffmann, Chefärztin der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie 

  • Mitglieder des Projektteams: Geriater, Neurologen, Pflegeentwicklung und Gäste 

  • Bei allen Treffen wurden Dokumentationen, Protokolle und Maßnahmenpläne erstellt, um das Erreichen von Zielen und Meilensteinen sicherstellen zu können und die nächsten Arbeitsschritte gezielt verteilen und verfolgen zu können.

2021

Frühjahr

  • Erhebung des IST-Status (durch die abgeschlossenen Projekte „Etablierung und Zertifizierung Alterstraumatologie“ und „Qualitätssiegel Geriatrie für Akuteinrichtungen“ sind bereits einige Bausteine des Demenzkonzeptes vorbereitet und teilweise umgesetzt).

  • Kontaktaufnahme mit anderen Krankenhäusern zur Erstellung der konkreten Ziele, Wünsche und Maßnahmen für unser Akutkrankenhaus. 

  • Erstellung der Gliederung für den gesamthausweiten Leitfaden.

Herbst

  • Eliboxen® für die Stationen vorhanden

  • Benennung dezentraler Demenz- und Delirbeauftragter (interdisziplinär, aus allen Fachbereichen). Erstes Treffen und seitdem vierteljährlich durchgeführt.

  • Stelle für zentrale Demenz- und Delirbeauftragte genehmigt 

2022

Frühjahr

  • Einarbeitung zentrale Demenz- und Delirbeauftragte

  • Genehmigung der Kostenübernahme der Aktivierungskisten durch Förderverein

  • Reaktivierung des Klinikclowns (seit 2019 mit längerer Coronapause von Förderverein finanziert, jährlicher Antrag notwendig)

Sommer

  • Mitte des Jahres erste Fortbildungen durch zentrale Demenz- und Delirbeauftragte sowie Erstellung von Onlinefortbildungen (siehe Fortbildungsprogramm)

Herbst

  • Konsilanforderungen über SAP möglich (Betreuung, Delirabklärung, Beratung von Pflege und Angehörigen)

  • Freigabe Delir-Screening (NU-DESC) und Schmerzassessment (BESD) bei Menschen mit Demenz

  • Bestellungen für Aktivierungsmaterialien abgeschlossen und verteilt

  • Werbung, Schulung und Einsatz von Ehrenamtlichen wieder verstärkt

2023

Jahresbeginn

  • AMT-Screening in Notaufnahme mit Aufkleben der grünen Punkte

Sommer

  • Veröffentlichung Leitfaden gesamthausweites Demenzkonzept

  • vermehrt interne Öffentlichkeitsarbeit im Intranet, teilweise zusammen mit Marketingabteilung

Herbst

  • Flyer für Angehörige „Delir im Krankenhaus“ vorhanden

  • Beginn der Erstellung und Verteilung des One Minute Wonders 

  • Zusage der Geschäftsführung für Gründung der Gedächtnisambulanz

2024

Frühjahr

  • Eröffnung Gedächtnisambulanz (nach langer Personalsuche) 

  • nächtliche Sitzwachen: Anzahl erhöht und System der Zuteilung von 2017 angepasst 

  • Seit 2024 Unterricht an hauseigener Berufsschule zum Thema Demenz und Delir, verstärkte Präsenz auf den Stationen durch Zunahme von Konsilanfragen, Teilnahme an Austauschtreffen und Fachtagen, Organisation von Veranstaltungen

2025

  • Bilder im Zimmer und an der Außentür zur Orientierungshilfe auf den internistischen Stationen (Budget von Stiftung)

  • Einführung von Hilfskärtchen mit Kurzanamnese zur Biografie

Nächste Ziele

  • Ärzte zum Thema Demenz und Delir sensibilisieren mit den Schwerpunkten medikamentöse Therapie, Diagnostik und medizinische Maßnahmen

  • Thema Demenz und Delir weiterhin präsent halten, Teilnahmen an Schulungen erhöhen

  • interne Krankenhausabläufe weiter anpassen und optimieren

  • Sturzmattennutzung ausweiten

  • Thema Fixierung 

Gut zu wissen

Zeitliche Ziele sind schwer einzuhalten, wenn verschiedene Prozesse wie Genehmigungen oder verschiedene Anlaufstellen notwendig sind. Vor allem die Zusammenarbeit mit der IT und dem Marketing hat sich trotz der Bemühungen aller Beteiligten häufig aufgrund von Arbeitsüberlastung in die Länge gezogen. Aber auch die täglichen Herausforderungen im Krankenhaus waren immer wieder Stolpersteine, wie Krankheits- und Urlaubsphasen, Umstellung auf die digitale Patientenakte, Personalknappheit oder auch – wechsel.

Wie bereits mehrfach erwähnt, ist die Arbeitsaufteilung und das strukturierte Zusammenarbeiten das Wichtigste. Es gibt immer wieder Wellen des Fortschrittes, aber auch einige Rückschritte müssen in Kauf genommen werden, welche nicht frustrieren dürfen. Weitermachen, wiederholen und (sich) anpassen.

Unsere Arbeit im Bild

Projektgalerie

Kontakt & Ansprechperson

Theresa Jobst, Zentrale Demenz- und Delirbeauftragte
Theresa Jobst
Zentrale Demenz- und Delirbeauftragte, Erreichbar Dienstag und Donnerstag

Hinweis:
Das Urheberrecht an den bereitgestellten Bildern, Grafiken und Dokumenten liegt bei dem jeweiligen Krankenhaus.

Reichen Sie Ihr Beispiel guter Praxis ein, um wertvolle Erfahrungen mit anderen Krankenhäusern und Fachleuten zu teilen und so Demenzsensibilität in Bayern voranzutreiben